Heute mal etwas zur Geldmenge. Mein Eindruck ist, dass die Meinungen zu diesem Thema weit auseinander gehen und das Thema meist sehr kontrovers und sehr lebhaft diskutiert wird. Das gilt für meine eigenen Analysen zum Thema Inflation, ebenso für Analysen der Community zum Thema Inflation. Schnell ist dann die Geldmenge das Hauptthema und oft prallen dann Welten aufeinander. Grund genug zum Thema mal einen separaten Artikel zu verfassen. Ich möchte hier so objektiv wie möglich bleiben und berufe mich dabei auf Daten. Ohne ideologische Voreingenommenheit. So gut es eben geht.
Arbeitshypothese: Die Geldmenge ist ein viel kleineres Problem als viele glauben. Gegenstand der Analyse ist der US-Markt. Alle Daten sind also US-Daten.
Chart1 (oben links) -Geldmenge absolut -Geldmengenwachstum M2 YoY -Inflation YoY In den allermeisten journalistischen Artikeln, Chartbildern und sonstigen Analysen wird die einfache unbereinigte Geldmenge M2 verwendet. Das ist absolut legitim, bringt aber einige unerwünschte Nebeneffekte mit sich. M2 wächst in den Jahren 2001, 2008 und 2012 in der Spitze mit 10%. Die Inflation bleibt dennoch überschaubar und generiert jahrelang bzw. jahrzehntelang keine nennenswertes Inflationsproblem. Einmalig ist der Spike im Zuge der Pandemie mit einem Geldmengenwachstum von +24%. Chart1 dient hier dem Vergleich zu Chart2.
Chart2 (oben rechts) -Geldmenge absolut -Geldmengenwachstum Real M2 YoY -Inflation YoY Nach der alten Lehre darf bzw. muss die Geldmenge mit der Menge der Waren, Güter und Dienstleistungen einer Volkswirtschaft mitwachsen. Es macht also Sinn die Geldmenge als Ratio zum GDP zu nehmen. Dieses Ratio macht am meisten Sinn, weil sich das Geldmengenwachstum an der Größe orientiert, die den Gegenwert dieser Geldmenge repräsentieren soll. Entsprechend ist Real M2 definiert. Die Werte für M2 = 21,4 Billionen Dollar und Real M2 = 7,1 Billionen Dollar. Ziemlich genau ein Drittel. In Chart 1 und 2 sind die Größenverhältnisse von M2 und Real M2 korrekt wiedergegeben. Da Real M2 das Ratio aus M2/GDP ist, fällt das Geldmengenwachstum entsprechend niedriger aus. Man kann gut erkennen, dass es hier mehrere und längere Phasen mit sehr niedrigem Geldmengenwachstum nahe Null gibt. Eine Ausnahme bildet auch hier die Pandemie mit sagenhaften +22% in der Spitze. Einmalig ebenso, dass die Geldmenge Real M2 jetzt sogar sinkt mit -5%, während M2 sich in Chart1 lediglich der Null nähert. Die stetigen hohen Wachstumsraten in Chart1 sorgen zwangsläufig dafür, dass sich M2 überproportional entwickelt, weil es das organische Wachstum der Wirtschaft nicht berücktigt.
Chart3 (unten links) -Umlaufgeschwindigkeit M2, Änderungsrate der Umlaufgeschwindigkeit M2 Warum ist die Umlaufgeschwindigkeit überhaupt wichtig? Die Umlaufgeschwindigkeit gibt an wie schnell die Geldmenge in der Wirtschaft zirkuliert. Inflation kann nur entstehen, wenn Geld ausgegeben wird. Wenn also das Geld zirkuliert. Wenn es auf Konten verbleibt, im Sparstrumpf oder unterm Kopfkissen, dann kann die Geldmenge beliebig wachsen ohne die Inflation anzuheizen. Diesen Effekt sehen wir seit es Geldmengenwachstum gibt. Die Zeit der Sparsocke ist natürlich vorbei. Im Moment der Geldmengenerhöhung landet es erst einmal auf Konten und zirkuliert nicht am Tag1 danach in der Wirtschaft. Das Geldmengenwachstum wird größtenteils kompensiert durch die niedrigere Umlaufgeschwindigkeit und ist daher nicht umittelbar inflationswirksam. Besonders gut sieht man das am Geldmengenwachstum M2 in der Pandemie. Die Umlaufgeschwindigkeit sinkt in gleichem Maße wie M2 steigt. Die Erklärung: das Geld landet erst einmal auf Konten und wird erst nach und nach, aber nie komplett ausgeben. (gilt für die Volkswirtschaft, für den Einzelnen kann das natürlich zutreffen) Das Geldmengenwachstum M2 von 24% in Chart1 für also nicht zu 24% Inflation, sondern tröpfelt langsam in den Wirtschaft.
Chart4 (unten rechts) -relativer Vergleich von M2, Real2, GDP un Lohnwachstum. Während M2 völlig enteilt ist und nach Hyperinflation schreit, bleibt Real M2 nahe am GDP-Wachstum und notiert nur undramatisch darüber. Natürlich kann man die Zeitachse verschieben und der Abstand der Graphen verändert sich entsprechend. Der Abstand Real M2 und GDP ist im Rahmen und Real M2 näher sich dem GDP an. Die Zeiten expansiver und restriktiver Geldpolitik wechseln sich ab und die Geldmenge kann sehr agil gemanagt werden, was aktuell auch passiert.
Fazit: Ich will hier nicht den Eindruck erwecken als sei das Geldmengenwachstum überhaupt kein Problem. Das M2-Wachstum ist in der Pandemie so stark angestiegen wie noch nie und über jedes gesunde Maß hinaus. Das ist aber ein Problem, dass erst durch die Pandemie entstanden ist. Und dieses Problem wird gerade wieder eingefangen, denn Real M2 sinkt derzeit stark. Es gibt kein strukturelles Problem mit dem Geldmengenwachstum. Das geben die Daten nicht her. Trotz stetigem Geldmengenwachstum haben wir vor der Pandemie über 20 Jahren keine problematische Inflation. Viele Jahre lang lag die Inflation sogar unter dem Zielwert von 2% trotz des permanenten Geldmengenwachstum. Ich dreh den Spieß mal um: Angenommen wir hätten ein strukturelles Geldmengenproblem. Über 20 Jahre Geldmengenwachstum und dann braucht es eine Pandemie, um einmal kräftig zuzuschlagen? Ich denke da vor allem an die Crashpropheten, die sich seit Ewigkeiten am Geldmengenwahnsinn abarbeiten.
Disclaimer: Asset-Inflation zählt nicht dazu. Das heißt bei mir Rendite. Wir sind hier in einem Chartforum. Jeder hier in der Community hat wohl irgendwie seine Geldvermehrung im Sinn ;-)
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